Perspektiven von Jurastudierenden im Universitätsvergleich in Deutschland
Ergebnisse des Schulterschlussprojekts
Worum geht es?
Im Rahmen des Schulterschlussprojekts wurde eine deutschlandweite Online-Umfrage durchgeführt, um die Perspektiven von Jurastudierenden zu folgenden Themen zu erfassen:
- Zufriedenheit mit dem Studium
- Konkurrenzdenken
- Erlebnisse antisozialen Verhaltens
- Psychische Belastung
- Universitäre Unterstütungsangebote
- Einstellungen zu Zusammenarbeit
- Kollaborative Onlineangebote am Beispiel Jurcoach
Das Projekt untersucht, wie Zusammenarbeit im Jurastudium aus Sicht der Studierenden verankert ist. Ziel der Umfrage war es, die zuvor in Gruppeninterviews explorierten Einsichten statistisch zu untermauern und praktische Verbesserungsmöglichkeiten für kollaborative Lernangebote aufzuzeigen. 1692 Studierende von 39 Universitäten nahmen teil.
Nachhaltige Veränderungen erfordern den Dialog aller Beteiligten. Studierende, die an der Umfrage teilgenommen haben, erhielten bereits ein personalisiertes Feedback. Mit diesem Bericht richten wir uns insbesondere an Fachschaften und Fakultätsmitarbeitende, um datenbasierte Impulse für die Weiterentwicklung der juristischen Lehre zu liefern.
Vergleichen Sie die Ergebnisse Ihrer Universität mit dem Bundesdurchschnitt und identifizieren Sie standortspezifische Ansatzpunkte für Verbesserungen.
Welche Universitäten möchten Sie vergleichen?
Sie können bis zu vier Universitäten auswählen und mit dem Bundesdurchschnitt vergleichen, der immer angezeigt wird. Um (einigermaßen) verlässliche Vergleiche zu ermöglichen, stehen nur Universitäten mit mindestens 25 Teilnehmenden zur Auswahl. Bitte beachten Sie, dass die Anzahl der Befragten je Universität variiert:
Wählen Sie hier Ihre Vergleichsuniversitäten aus:
Die Stichprobe
Wie gut spiegeln die erhobenen Daten die Studierendenschaft Ihrer ausgewählten Universitäten wider? Prüfen Sie hier die Repräsentativität in Bezug auf Gender und Fachsemester.
Zum Vergleich: Der Anteil weiblicher Studierender in den Rechtswissenschaften lag 2023 bei ca. 59 %.
Hinweis: Die Verteilung der Fachsemester wird durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion dargestellt. So bleiben Unterschiede zwischen den Universitäten sichtbar, unabhängig von der Anzahl der Teilnehmenden pro Universität.
Zufriedenheit
Wie zufrieden sind Jurastudierende mit ihrem Studium? Die Ergebnisse zeigen, dass sich viele Einschätzungen im mittleren Bereich bewegen. Besonders fehlende Gelegenheiten zur Zusammenarbeit werden kritisch gesehen, ebenso wie die Karrierevorbereitung, die leicht unter dem Skalenmittelpunkt liegt. Positiver fällt hingegen die Bewertung der intellektuellen Herausforderung aus – viele Studierende empfinden ihr Studium als geistig anregend.
Insgesamt sind die Zufriedenheitsmuster im Bundesdurchschnitt sowie zwischen den Universitäten ähnlich. Staatliche Universitäten stehen vor gemeinsamen Herausforderungen. Dennoch gibt es Unterschiede – zum Beispiel bei den E-Learning-Angeboten. Warum nicht von einer Universität mit höheren Zufriedenheitswerten lernen? Der Austausch bewährter Konzepte spart Ressourcen und kann zur Verbesserung der Lehre beitragen.
🏆 Best in Class
Hier sehen Sie die Universitäten mit den höchsten Zufriedenheitswerten in den jeweiligen Dimensionen.
“Wie zufrieden bist Du …”
Ausbildungsqualität: “… mit der Qualität der Ausbildung, die Du erhältst?”
intellektuelle Herausforderung: “… mit der intellektuellen Herausforderung, die Deine Veranstaltungen bieten?”
Karrierevorbereitung: “… damit, wie gut Dich Dein Studium auf Deine zukünftige Karriere vorbereitet?”
E-Learning: “… mit den E-Learning-Angeboten in Deinem Jurastudium?”
Zusammenarbeit: “… mit dem Stellenwert von Zusammenarbeit im Studium?”
Beziehungen zu Peers: “… mit Deinen Beziehungen zu anderen Studierenden?”
Beziehungs zu Lehrenden: “… mit Deinen Beziehungen zu Lehrenden?”
generelle Zufriedenheit: “… insgesamt mit Deinem Jurastudium?”
Negative Einflüsse
Die folgenden drei Themen – Konkurrenzdenken, antisoziales Verhalten und psychische Belastung – stehen in einem negativen Zusammenhang mit Studienzufriedenheit und Zusammenarbeit.
Diese Faktoren prägen die soziale Atmosphäre, in der Zusammenarbeit stattfindet, und können potenzielle Hindernisse aufzeigen. Ein bewusster Umgang mit diesen Herausforderungen kann dazu beitragen, ein kooperativeres und unterstützendes Lernumfeld zu fördern.
Konkurrenzdruck
Bereits in den Gruppeninterviews, die der bundesweiten Befragung vorausgingen, nahm das Thema Konkurrenzdruck breiten Raum ein. Studierende berichteten von ständigen Leistungsvergleichen, sowohl innerhalb als auch zwischen Personen. Während ein gewisses Maß an Wettbewerb anspornen kann, wurde betont, dass ein Übermaß demotivierend und leistungshemmend wirken kann.
Die bundesweite Befragung bestätigt diese Beobachtung: Jurastudierende empfinden den Konkurrenzdruck als hoch, insbesondere im Vergleich zu anderen Studiengängen. Allerdings wird die leistungsmindernde Wirkung des Wettbewerbs geringer eingeschätzt als der wahrgenommene Druck selbst. Das zeigt, dass Konkurrenz nicht nur negative Seiten hat. Dennoch zeigt das mittlere Wirkungsniveau auf der Skala ein verbreitetes Problem.
🏆 Best in Class
Hier finden Sie die Top 3 Universitäten mit den niedrigsten Konkurrenzwerten in der jeweiligen Dimension.
Ausmaß Konkurrenzdruck: “Wie hoch ist der Konkurrenzdruck im Jurastudium?”
Studienvergleich: “Wie hoch ist der Konkurrenzdruck im Jurastudium im Vergleich zu anderen Studiengängen?”
Peer-Vergleiche: “Konkurrenzdruck, den Du Dir selbst machst, indem Du Dich mit anderen vergleichst.” ”
Verhalten Peers: “Konkurrenzdruck durch Bemerkungen oder Verhalten von Mitstudierenden”
Verhalten Lehrende: “Konkurrenzdruck durch Bemerkungen oder Verhalten von Lehrenden?”
Erhalt Prüfungsleistungen: “Konkurrenzdruck beim Erhalt von Ergebnissen bezüglich Prüfungsleistungen in Präsenz (z. B. Prüfungsrückgabe im Hörsaal)”
Präsenzveranstaltungen: “Konkurrenzdruck durch Beiträge von Mitstudierenden in Präsenzveranstaltungen_ Beispiel: Vergleich der Anzahl und Qualität der mündlichen Beiträge anderer mit den eigenen”
Wirkung Konkurrenzdenken: “Alles in allem: Wie belastend empfindest Du den Konkurrenzdruck für Deine Leistungsmotivation?”
Antisoziales Verhalten
In Gesprächen mit Studierenden wurde antisoziales Verhalten oft als das Gegenteil von Zusammenarbeit beschrieben. Berichtet wurde von gelöschten Hausarbeiten, gestohlenen Ideen, abwertenden Bemerkungen und rücksichtslosen Verhaltensweisen in der Bibliothek. Unklar war jedoch, wie häufig solches Verhalten tatsächlich wahrgenommen wird und welche Rolle es im Studienalltag spielt.
Die bundesweiten Ergebnisse zeigen, dass antisoziales Verhalten besonders im Wettbewerb um Ressourcen wahrgenommen wird. Beispielsweise, wenn notwendige Quellen in der Bibliothek versteckt oder zurückgehalten werden oder wenn es im Kampf um Lernplätze zu unsozialem Verhalten kommt.
Insgesamt liegt die wahrgenommene Häufigkeit im mittleren Bereich der Skala – ein Niveau, das problematisch, aber auch vermeidbar ist. Maßnahmen wie eine schnellere Digitalisierung von Quellen, die Bereitstellung relevanter digitaler Auszüge und eine angemessene Anzahl an Lernplätzen könnten dazu beitragen, Konfliktpotenziale deutlich zu reduzieren.
🏆 Best in Class
Hier finden Sie die Top 3 Universitäten mit den niedrigsten Wahrnehmungswerten antisozialen Verhaltens in der jeweiligen Dimension.
“Wie sichtbar sind die folgenden möglichen Formen antisozialen Verhaltens für Dich? Damit ist Verhalten gemeint, dass auf eine Vorteilnahme auf Kosten anderer abzielt.”
Quellen verwehren: “Zugang zu Quellen verwehren (z. B. Bücher verstecken oder horten)”
Quellen beschädigen: “Quellen beschädigen (z. B. wichtige Buchseiten herausreißen)”
Daten löschen: “Mutwilliges Löschen von Daten, wie Hausarbeiten”
Verhalten in Bib: “Unfairer Umgang mit den Plätzen in der Bibliothek (z. B. unnötig lange reservieren oder “klauen”)”
Diebstahlgefahr: “Diebstahlgefahr (z. B. Laptop)”
Informationen verwehren: “Wichtige Informationen bewusst nicht weiterleiten”
Rolle in Gedanken: “Alles in allem: Wie präsent ist antisoziales Verhalten im Jurastudium in Deinen Gedanken?”
Psychische Belastung
Zusammenarbeit und psychische Belastung stehen in einem wechselseitigen Verhältnis. Einerseits kann Zusammenarbeit durch soziale Unterstützung und Austausch helfen, Stress zu reduzieren. Andererseits kann eine hohe psychische Belastung dazu führen, dass Studierende weniger kooperative Lernformen nutzen – besonders, wenn Zusammenarbeit nicht fest im Curriculum verankert ist.
Studierende berichten von besorgniserregenden Ausmaßen psychischer Belastung, die langfristig sowohl die Gesundheit als auch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können:
Rund zwei Drittel (!) der Studierenden berichten von erhöhter psychischer Belastung.
Ein Drittel (!) gibt sogar eine stark erhöhte Belastung an.
Diese Zahlen unterstreichen die Dringlichkeit, psychischer Belastung im Jurastudium gezielt entgegenzuwirken – sei es durch bessere Unterstützungsangebote, strukturelle Veränderungen oder eine stärkere Verankerung von Zusammenarbeit als ressourcenstärkendes Element. Eine Untersuchung der Bundesfachschaft (BRF/Drost, 2022) kommt zu ähnlichen Ergebnissen.
🏆 Best in Class
Hier finden Sie die Top 3 Universitäten mit den niedrigsten Belastungsmittelwerten.
Hinweis: Die Stressverteilungen der Universitäten werden durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion dargestellt. Dadurch bleiben Unterschiede in der Verteilung sichtbar, unabhängig von der Anzahl der Teilnehmenden pro Universität.
Psychische Belastung wurde mit der Perceived Stress Scale (PSS; Denovan et al., 2017) erhoben.
Universitäre Unterstützungsangebote
Konkurrenzdruck, antisoziales Verhalten, psychische Belastung – welche Unterstützung bieten die Hochschulen?
Die Ergebnisse zeigen: Hier gibt es noch viel Potenzial zur Verbesserung. Besonders niedrigschwellige Maßnahmen, wie Tools zur Lerngruppenfindung und zum fachlichen Austausch, könnten schnell und unkompliziert umgesetzt werden. Diese lassen sich ohne großen Aufwand und Mehrkosten in bestehende E-Learning-Plattformen integrieren.
Viele Studierende fragen sich, warum es für die einzige dauerhafte Form der Zusammenarbeit im Jurastudium – Lerngruppen – oft keine offizielle Unterstützung gibt. Die technischen Lösungen sind vorhanden, erfordern kaum Ressourcen und würden vielen helfen. Die selbstorganisierte Suche über Messenger-Dienste reicht nicht aus, insbesondere für:
Studierende, die die Ersti-Woche verpasst haben
Studierende mit weiterem Anfahrtsweg zur Universität
Studierende, die sich nach Auflösung einer bisherigen Lerngruppe neu orientieren müssen
Thematisch fokussierte Lerngruppen, die sich für bestimmte Prüfungen oder Scheine formieren
Eine Lerngruppenbörse oder ein Forum muss nicht aufwendig gestaltet sein. Eine einfache Tabelle mit Filtermöglichkeiten im gewohnten E-Learning-Bereich würde bereits eine erhebliche Erleichterung bieten.
In der Umfrage wurden Jurastudierende aus Freiburg zu einer universitätsweiten Lerngruppenbörse für alle Semester und Scheine befragt. Vielleicht finden Sie im Ergebnisbericht Inspiration für die eigene Umsetzung.
🏆 Best in Class
Hier finden Sie die Top 3 Universitäten mit den höchsten Werten im jeweiligen Unterstützungsbereich.
Fachlich: “Wenn es um Studieninhalte geht, fühle ich mich durch meine Hochschule gut unterstützt.”
Organisatorisch: “Wenn es um Studienorganisation geht, fühle ich mich durch meine Hochschule gut unterstützt.”
Lerngruppen finden: “Meine Hochschule macht es mir leicht, jederzeit eine Lerngruppe zu finden.”
Online Austausch: “Meine Hochschule bietet genügend Möglichkeiten, sich online über Studieninhalte auszutauschen.”
Psychosozial: “Sollte ich einmal psychosoziale Unterstützung benötigen, kann ich mich auf meine Hochschule verlassen.”
Herausforderungen der Förderung kollaborativer Lehre am Beispiel von Jurcoach
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen ein besseres Verständnis für die Notwendigkeit und Integration von Zusammenarbeit im Jurastudium schaffen und gleichzeitig erste praktische Anknüpfungspunkte bieten.
Falls Sie, wie wir, zu dem Schluss gekommen sind, dass mehr Zusammenarbeit viele Vorteile bietet – von Stressreduktion über höhere Studienzufriedenheit bis hin zu einer besseren Berufsvorbereitung – stellt sich die zentrale Frage: Wie kann Zusammenarbeit konkret gefördert werden?
Juristische Curricula haben sich in der Vergangenheit als träge erwiesen. Ein systematischer Diskurs bleibt essenziell – auch Studierende betonen immer wieder, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. Doch parallel dazu gibt es niedrigschwellige Möglichkeiten, Zusammenarbeit bereits jetzt gezielt zu fördern: durch rechtsdidaktische Online-Angebote mit kollaborativen Elementen.
Wie solche Angebote aussehen können und welche Herausforderungen dabei auftreten, möchten wir Ihnen am Beispiel von Jurcoach zeigen.
Was ist Jurcoach?
Jurcoach st eine Lernplattform für Strafrecht, die am Institut für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht der Universität Freiburg unter der Leitung von Roland Hefendehl entwickelt wird. Ihr Ziel ist es, Jurastudierenden ergänzende Lernangebote bereitzustellen, die über die reine Reproduktion der Präsenzlehre hinausgehen. Jurcoach soll eine Plattform sein, an der sich Jurastudierende aktiv beteiligen und zusammenarbeiten können.
Zentrale Funktionen von Jurcoach
Problemfeld-Wiki: Ein Wiki mit kuratierten Informationen zu strafrechtlichen Themen. Nutzer:innen können Verbesserungsvorschläge einbringen.
Quiz: Bietet die Möglichkeit Wissen spielerisch zu überprüfen. Nutzer:innen können Multiple-Choice Fragen hinzufügen und überarbeiten.
Falltraining: Strafrechtsfälle in sieben Schritten bearbeiten und strukturiertes Vorgehen üben.
Tandemklausuren: Zwei anonyme Nutzer:innen bearbeiten dieselbe Probeklausur und korrigieren sich gegenseitig anhand eines Bewertungsbogens. Sie üben das Anwenden von Wissen und reflektieren aus der Bewertungsperspektive.
Jurcoach – Genutzt, aber nicht kollaborativ?
Mit Hunderttausenden Aufrufen pro Jahr wird Jurcoach aktiv genutzt. Eine Untersuchung aus 2023 zeigt jedoch, dass die Plattform hauptsächlich als Datenbank dient. Trotz mehrfacher Überarbeitung der Benutzeroberfläche und Funktionen werden kollaborative Elemente – wie die Tandemklausuren – kaum genutzt. Allgemeine Faktoren wie Technikaffinität oder Lerngewohnheiten konnten als Ursache ausgeschlossen werden.
Auch die Ergebnisse unserer Umfrage bestätigen diesen Befund: Studierende nehmen Jurcoach überwiegend als reine Datenbank wahr. Auf einer Skala von 0 (= reine Datenbank) bis 10 (= kollaborative Lernplattform) liegt der Mittelwert bei 2.6.
Tandemklausuren Überarbeitungsanalyse
Um die geringe Nutzung der kollaborativsten Funktion von Jurcoach – der Tandemklausur – besser zu verstehen, wurde eine detaillierte Analyse durchgeführt.
Auf dem Papier bietet dieses Feature wesentliche Vorteile bei minimaler zusätzlicher Arbeitsbelastung für Fakultätspersonal:
Studierende üben unter realistischen Bedingungen eine thematisch relevante Klausur zu schreiben.
Sie erhalten (seltenes) Feedback auf ihre Leistung.
Sie lernen, worauf es bei der Bewertung juristischer Argumentationen ankommt.
Fakultätspersonal wird kaum zusätzlich belastet, da lediglich administrativer Support bei Problemen erforderlich ist.
Bekanntheit
Nur Studierende, die das Feature kennen, können es nutzen. Von 406 Befragten, denen Jurcoach bekannt ist, wussten nur 84 von den Tandemklausuren (20.7%). Dieses Potenzial ist ausbaufähig, erklärt jedoch allein nicht die geringe Nutzung.
Eingeschätzte Nützlichkeit
Studierende verwenden ein Feature nur dann, wenn sie es als nützlich einschätzen. Daher wurde in der Umfrage das Tandemklausur-Feature vorgestellt und die erwartete Nutzungswahrscheinlichkeit erfragt:
Die durchschnittliche Nutzungswahrscheinlichkeit beträgt 56%. Dies zeigt, dass die Mehrheit der Studierenden potenziell interessiert ist. Warum wird das Feature dennoch kaum genutzt?
Einflussfaktoren auf die Nutzung
Um zu verstehen, welche Faktoren die Nutzung beeinflussen, wurden Fragen auf Basis der Situated Expectancy Value Theory (Eccles & Wigfield, 2020) gestellt. Die Fragen sprachen bestimmte Aspekte an, wie das Interesse, die Relevanz für erfolgreiche Klausurvorbereitung und allgemeinere Studienziele sowie Sorgen um mögliche Kosten, wie einen zu hohen Zeitaufwand oder fehlendes Vertrauen zur Tandempartner:in.
Die folgende Grafik zeigt die entscheidenden Einflussfaktoren. Werte links der gestrichelten Nulllinie verringern die Nutzungswahrscheinlichkeit, Werte rechts der Nulllinie erhöhen sie:
Interesse: “Das Feature Tandemklausur ist interessant.”
Relevanz: “Eine Tandemklausur stimmt gut mit meinen unmittelbaren Lernzielen (Klausurvorbereitung) überein.”
Spaß an der Aufgabe: “Die Teilnahme an einer Tandemklausur würde mir Spaß machen.”
erwarteter Nutzen: “Die Teilnahme an einer Tandemklausur ist nützlich, um meine langfristigen Studienziele zu verfolgen (z.B. Staatsexamen).”
Selbstbewusstsein: “Ich keine hätte Zweifel, dass ich die Bearbeitung einer Tandemklausur meistern könnte.”
Sorgen um Zeitaufwand: “Ich befürchte, die Zusammenarbeit in einer Tandemklausur würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.”
Schwierigkeit: “Im Allgemeinen ist die Bearbeitung und Korrektur einer Tandemprüfung eine schwierige Aufgabe.”
gendermale: Personen die eine männliche Geschlechtsidentität angegeben haben. Der Effekt bezieht sich auf den Vergleich zu Personen mit weiblicher Geschlechtsidentität.
Erklärung der %-Effekte: Ein erwarteter Nutzen von 0,29 (2,9%) bedeutet: Wenn eine Person hier mit „stimme vollkommen zu“ (5) antwortet, erwarten wir eine 2,9 % höhere Nutzungswahrscheinlichkeit als bei einer Person, die mit „stimme eher zu“ (4) antwortet. Die maximale Differenz durch diesen Faktor beträgt 11,6 % (bei einer Skala von 1–5).
Positive Einflussfaktoren: Interesse, Relevanz, Spaß und erwarteter Nutzen fördern die Nutzung. Sie hängen nicht stark mit anderen Variablen wie Zufriedenheit oder psychischer Belastung zusammen, sondern zeigen eine allgemeine Präferenz für oder gegen Tandemklausuren.
Hemmende Faktoren: Männliche Studierende geben weniger Bereitschaft an, das Feature nutzen zu wollen. Zudem sind Zeitaufwand und Unsicherheit zentrale Hürden. Studierende brauchen klare Indikatoren, wann eine Tandemklausur sinnvoll ist.
Beispielsweise könnten folgende Verbesserungen eingeplegt werden:
Klare Fristen & Regeln für die Bearbeitung: Transparente Bearbeitungsfristen und Regeln für Versäumnisse helfen Studierenden, besser zu planen. Unsicherheit über den Zeitaufwand wird reduziert.
Indikatoren des Lernfortschritts: Einige Studierende sind unsicher, wann sie eine Tandemklausur angehen sollen (ob sie ausreichend Wissen aufgebaut haben). Verbindung mit existierenden Features auf Jurcoach (z.B. Quiz) – sobald ein bestimmter Score erreicht ist, könnte eine Tandemklausur empfohlen werden.
Allgemeine Attraktivität des Features steigern: Erfolgsstatistiken anzeigen: Wie viele Tandemklausuren wurden erfolgreich abgeschlossen? Kommunikation verbessern: Betonung des doppelten Lerneffekts (Erfahrung aus Klausur und Bewertungsfähigkeit stärken). Erfahrungsberichte einbinden: Positives Feedback von Studierenden sichtbar machen. Optionale Kontaktfunktion für Tandempartner:innen nach Abschluss der Klausur (bei beiderseitigem Einverständnis).
Synergien in der juristischen Onlinelehre
Die Entwicklung ressourcenschonender Onlineangebote, die von Studierenden in einem ohnehin vollgepackten Curriculum angenommen werden, bringt Herausforderungen mit sich. Ein regelmäßiger Austausch zwischen Lehrenden und Fakultäten ist daher essenziell, um doppelte Entwicklungsprozesse zu vermeiden. Beispielsweise ist die technische Umsetzung eines Tandemfeatures nicht kompliziert – die Herausforderung liegt in einem effizienten, studierendengerechten Design.
Gemeinsame Herausforderungen - Gemeinsame Lösungen
Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen:
Juristische Fakultäten in Deutschland stehen vor ähnlichen Herausforderungen in der Lehre.
Studierende deutschlandweit äußern vergleichbare Bedürfnisse und Probleme.
Diese Erkenntnisse sprechen für einen verstärkten Austausch zwischen Universitäten, auch über Ländergrenzen hinweg. Die Entwicklung effektiver, studierendenfreundlicher Lernangebote ist nicht trivial – warum also mehrfach denselben Entwicklungsaufwand betreiben? Viel effizienter wäre es, eigene Stärken und Schwächen evidenzbasiert zu reflektieren und sich gezielt mit anderen Fakultäten zu vernetzen.
Jurcoach als Beispiel für kollaborative Entwicklung: Jurcoach ist kostenlos, werbefrei und quelloffen. Inhalte und sogar die ganze Plattform inklusive Website können übernommen beispielsweise für andere Rechtsbereiche angepasst werden. Die einzige Einschränkung ist eine nicht-kommerzielle Nutzung.
Angehende Jurist:innen sollen im Studium und im Beruf zusammenarbeiten und voneinander lernen. Warum sollten Fakultäten nicht mit gutem Beispiel vorangehen?
Wir hoffen, dass Sie in diesem Bericht nützliche Impulse gefunden haben – und laden Sie ein, sich stärker zu vernetzen.